FSME - über die Erkrankung

 

  • FSME-Virus

  • Übertragung durch Stich von infizierten Zecken, v. a. durch Ixodes ricinus (Holzbock), sehr selten durch virusinfizierte Milch von Ziegen und Schafen, in Ausnahmefällen auch von Kühen.

  • Eine Infektion von Mensch zu Mensch gibt es nicht.

  • Die Naturherde der FSME sind geographisch eng begrenzt und kommen nur in Höhen unter 1000 Metern vor. Risikogebiete in Deutschland gibt es FSME-infizierte Zecken vor allem in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz.

  • Das RKI veröffentlicht auf der Basis dokumentierter FSME-Erkrankungsfälle periodisch Karten zu FSME-Risikogebieten in Deutschland und Europa (s. dazu hier)

  • Unabhängig davon veröffentlichen Impfstoffhersteller alljährlich eigenes Kartenmaterial, das offensiv in den Schaufenstern der Apotheken plaziert wird - das RKI warnt ausdrücklich vor diesen Karten "Neben der offiziellen Karte des RKI sind noch "FSME-Karten" anderer Urheber im Umlauf, in denen teilweise deutlich mehr Kreise eingefärbt sind, warnt das RKI." (DÄ 2011).

  • Dabei ist schon die Klassifizierung und Kartographie des RKI alles andere als unumstritten: im Rahmen einer Definitionsänderung für die Risikogebiete im Jahre 2007 wurden diese massiv ausgeweitet, indem durch Rechenverfahren an bisherige Risikogebiete angrenzende Landkreise hinzudefiniert wurden, in denen bis dahin oft noch niemals eine FSME erworben worden war - die für die Definition eines Risikogebietes eigentlich notwendige Häufigkeitsgrenze von FSME-Fällen, die ohnehin nach Ansicht von Fachleuten "sehr niedrig" angesetzt war, wurde dann nicht einmal in zwei Dritteln der als Risikogebiet ausgewiesenen Landkreise tatsächlich erreicht (at 2007).

  • Die "neue" Definition ist allein schon sprachlich von atemberaubender Kraft (" [es] wird ein Kreis als FSME-Risikogebiet definiert, wenn die Anzahl der übermittelten FSME-Erkrankungen in mindestens einem der Zeiträume 2002 bis 2006, 2003 bis 2007, 2004 bis 2008, 2005 bis 2009, 2006 bis 2010, 2007 bis 2011, 2008 bis 2012, 2009 bis 2013, 2010 bis 2014, 2011 bis 2015 oder 2012 bis 2016 im Kreis ODER in der Kreisregion (bestehend aus dem betreffenden Kreis plus allen angrenzenden Kreisen) signifikant (p<0,05) höher liegt als die bei einer Inzidenz von 1 Erkrankung/100.000 Einwohner erwartete Fallzahl.") (RKI 2017) und ein klassisches Beispiel dafür, wie Statistik nicht verwendet werden sollte... das Ergebnis ist z.B. für Bayern eine - mit Ausnahme einer kleinen Region um München herum - homogen blau eingefärbte Risikokarte. Die FSME droht also laut RKI (fast) überall mit nicht unterscheidbarem Risiko... ABER:

  • Schaut man sich die tatsächlichen Meldezahlen der FSME in den vergangenen 17 Jahren an, zeigt sich eine teilweise absurd anmutende Situation.

    • die epidemiologische pole-position hält unangefochten der Stadtkreis Schweinfurt - seit 17 Jahren gab es in diesem "Risikogebiet" einen (in Worten: einen!) Fall von FSME

    • an Position zwei wird es mit dem Stadtkreis Ingolstadt, Landsberg am Lech, Dillingen und dem Stadtkreis Memmingen eng: jeweils zwei Fälle innerhalb von 17 Jahren, oder - wie es das RKI sicher formulieren würde - 100% mehr Erkrankungsfälle im Beobachtungszeitraum.

    • unter einer nochmals 50% höheren Krankheitslast mit jeweils 3 Fällen über 17 Jahre ächzten Ansbach (Stadtkreis), Garmisch-Partenkirchen, der Stadtkreis Hof, Wunsiedel, Günzburg und der Stadtkreis Kempten

    • insgesamt gab es in 17 von 88 bayerischen Risikolandkreisen über den gesamten Zeitraum jeweils nicht mehr als fünf (!) Fälle von FSME,

    • in 16 von 88 Risikolandkreisen trat in den vergangenen 3 Jahren gar kein Fall von FSME auf, in 4 davon seit 10 Jahren und länger nicht mehr...

    • In den 17 Jahren von 2001 bis 2017 wurden in Bayern insgesamt 199 Fälle von FSME bei Kindern bis 14 Jahren gemeldet - im Durchschnitt also weniger als 12 Fälle pro Jahr, in keinem Jahr mehr als 20 und ganz klar ohne steigende Tendenz oder Zusammenhang zur Impfquote bei Schulanfängern in Bayern:

 

 

 FSME in Bayern 2001 17

 

  • Die WHO fordert für eine flächendeckende Impfempfehlung (wie in den deutschen Risikogebieten) eine fünfundzwanzigmal (!) höhere Häufigkeit der FSME (Inzidenz ≥ 5 Fälle/100.000/Jahr), als die Definition des RKI (WHO 2011).

  • Zu den ökonomischen Auswirkungen dieser deutschen (Um-)Definition bemerkt das unabhängige arznei-telegramm süffisant und wörtlich: "Die Idee könnte aus den Marketingabteilungen der Hersteller von FSME-Impfstoffen stammen" (at 2007) - wer weiß... .

  • Aber selbst in den so definierten Risikogebieten sind im Mittel maximal 0,1 - 5% der Zecken infiziert (RKI 2015), selbst in Endemiegebieten weisen lediglich 0,5 - 6% der Bevölkerung Antikörper gegen FSME-Viren als Hinweis auf eine durchgemachte Infektion auf (DGPI 2000) – das heißt, selbst bei im Extremfall lebenslangem Aufenthalt in Risikogebieten werden nur 0,5 – 6% der Bevölkerung mit FSME infiziert, von denen dann nur maximal 30% leichte, maximal 10% (also 0,05 – 0,6% der im Risikogebiet Lebenden) zentralnervöse Symptome im Rahmen der Infektion entwickeln...(s. u.). Das RKI schreibt selbst: "Ein hoher Anteil der Infektionen verläuft jedoch asymptomatisch oder die zweite Krankheitsphase bleibt aus, Schätzungen gehen von 70 bis 95 % aus." (RKI 2017).

  • Das RKI selbst schätzt das Risiko, nach einem Zeckenstich in einem Risikogebiet an einer typischen FSME zu erkranken als "sehr niedrig" ein, es liege "geschätzt in Abhängigkeit von der Zeckendurchseuchung zwischen 1 : 10.000 (Zeckendurchseuchung ca. 0,1%) und 1 : 300 (Zeckendurchseuchung ca. 3,5%)" (RKI 2007).

  • Inkubationszeit 3 - 20 Tage (wobei der Zeckenstich selbst oft nicht erinnert wird)

  • bei max. 30% der von einer infizierten Zecke Gestochenen kommt es zu grippeähnlichen Symptomen,

  • von diesen entwickeln 10 - 30% (also maximal 10% der von einer infizierten Zecke Gestochenen!) nach einem symptomfreien Intervall eine zentralnervöse Krankheitsphase

  • von diesen verlaufen 60% als Hirnhautentzündung (Meningitis), 30% mit Beteiligung des Gehirns selbst (Meningoenzephalitis) und 10% mit Beteiligung des Hirnstammes (Meningoenzephalomyelitis)

  • FSME bei Erwachsenen:

    • Meningoenzephalitische Verläufe treten eher nach dem 30. - 40. Lebensjahr auf, die prognostisch ungünstigsten meningoenzephalomyelitischen Verläufe werden überwiegend bei noch älteren Patienten beobachtet. Hier sind Defektheilungen mit bleibenden neurologischen Problemen oder auch tödliche Verläufe möglich. „Häufig kommt es jedoch selbst nach schweren Verläufen zur völligen Heilung.“ (RKI 2011)

    • Die Sterblichkeit von FSME-Erkrankungen steigt erst oberhalb des 70. Lebensjahres spürbar an - sie liegt vorher bei unter 0,5% (Beauté 2018)

    • „Schwere Krankheitsverläufe werden fast nur bei Erwachsenen beobachtet. Dies wurde in aktuellen Untersuchungen noch einmal bestätigt.“ (RKI 2011).

  • FSME bei Kindern:

    • Bei Kindern (weniger als 15% aller Erkrankungen!) überwiegen leichte Krankheitsverläufe (DGPI 2000): "Schwere Krankheitsverläufe werden fast nur bei Erwachsenen beobachtet." (LGL Bayern 2017)

    • "Da hierzulande FSME im Kindesalter im Vergleich zum Erwachsenen leichter verläuft und neurologische Folgeschäden eine Rarität sind, schätzen wir die Impfung von Kindern zurückhaltend ein." (arznei-telegramm 2002).

    • Schwere und prognostisch ungünstige Verläufe wurden bei Kindern v. a. nach der bis vor einigen Jahren noch üblichen passiven Impfung nach Zeckenstich beobachtet (mittlerweile ist diese für Kinder nicht mehr zugelassen).

    • Zu diesen Ergebnissen kommt auch eine Übersichtsarbeit, die im August 2004 im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht wurde (Kaiser 2004): „Die Prognose der FSME bei Kindern ist unter Berücksichtigung der eigenen Erhebungen und der in den letzten 30 Jahren publizierten Daten als günstig zu beurteilen. [...] Auffälligerweise fanden sich Defektheilungen nach einer FSME bei unter Sechsjährigen nur bei solchen Kindern, die nach einem Zeckenstich eine passive Immunisierung erhalten hatten und/oder unter dem anfänglichen anfänglichen Verdacht einer bakteriellen Meningitis zusätzlich zur Antibiose auch eine Behandlung mit hoch dosiertem Dexamethason [Kortisonpräparat] bekommen hatten.

  • symptomatisch

  • Expositionsprophylaxe, d. h. bei Aufenthalt in gefährdeten Bereichen helle Kleidung tragen, die möglichst große Teile der Körperoberfläche bedeckt, Repellents benutzen.

  • „Abendliches Absuchen“ nach Zecken nach Aufenthalt in gefährdeten Regionen - denn auch bei der FSME steigt (wie bei der Borreliose) mit der Dauer des Saugaktes das Infektionsrisiko (BfR 2003).

  • Passive Impfung: früher üblich nach Zeckenstich wurde ihre Zulassung nach der oben genannten Beobachtung für Kinder unter 14 Jahren zurückgezogen.

  • Aktive Impfung

a-t 2002; 3; 27

a-t 2007; 38: 70-1

Beauté J. 2018. Euro Surveill. 2018;23(45):pii=1800201. Abruf 09.11.2018

BfR. Presseinformation 2003. Abgerufen 09.11.2013

Dt. Ärzteblatt. http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/45676/ - Abruf 09.11.2013

DGPI Handbuch. München 2000

GBE. www.gbe-bund.de. Tabelle erstellt 25.06.2018

Kaiser R. Dtsch Arztebl 2004; 101:A 2260–2264 [Heft 33]

LGL Bayern. FSME. Abruf 30.04.2017

RKI. EpiBull 2017; Nr. 17

RKI. FSME-Situation in Deutschland. 2014. Abruf 13.05.2015

RKI. Merkblätter für Ärzte FSME.  Abruf 25.06.2018

RKI. EpiBull 2007; Nr. 22: 185

SurvStat@RKI 2.0, https://survstat.rki.de, Abfragedatum: 25.06.2018

WHO. 2011. WER 86, 241–256.