Seit 2006 sind in Deutschland zwei Schluckimpfstoffe gegen durch Rotaviren ausgelösten Magen-Darm-Infektionen auf dem Markt und seit Sommer 2013 von der STIKO empfohlen. Lesen Sie hier, was Sie für eine Entscheidung für oder gegen diese Impfung wissen müssen.
Epidemiologie und Virologie
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Infektionen mit Rotaviren sind weltweit die häufigste Ursache schwerer Durchfallerkrankungen bei Säuglingen und Kleinkindern.
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Erkrankungsgipfel zwischen sechs Monaten und zwei Jahren. (RKI 2010), (EMEA 2008)
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Bis zum dritten Lebensjahr haben 90%, bis zum 5. Lebensjahr annähernd 100% aller Kinder eine RV-Infektion durchlebt (RKI 2010)
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In Mitteleuropa gibt es eine jahreszeitliche Häufung zwischen Februar und April (RKI 2010)
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Infektionsweg: Schmierinfektion - Rotaviren sind sehr umweltresistent.
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Differenzierung verschiedener Serotypen von RV, als Krankheitserreger sind vor allem die RV der Gruppe A bedeutsam. RV werden nach Oberflächenproteinen (P und G) weiter in Untertypen differenziert, die sich in ihrer Bedeutung stark regional und – ähnlich wie die Influenzaviren – saisonal unterscheiden. (RKI 2010, Santos 2005)
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Die durchgemachte Erkrankung hinterlässt keine vollständige Immunität, allerdings sind Kinder nach einer natürlich durchgemachten Infektion zu 40% vor Rotaviruserkrankungen insgesamt und zu fast 90% vor komplizierten und schweren Verläufen geschützt (CDC 2006).
- Offensichtlich unterliegt die Häufigkeit der RV-Infektionen jedoch deutlichen Schwankungen: so wurden 2014 in den Niederlanden über 70% weniger RV-Infektionen (und fast 40% weniger Magen-Darm-Infektionen insgesamt) beobachtet, ohne dass die RV-Impfung in den Niederlanden empfohlen wäre (Hahné 2014) - in anderen Ländern, die die Impfung eingeführt haben, werden derartige Beobachtungen natürlich sofort als Impferfolg gefeiert...
Erkrankung
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Inkubationszeit zwischen Infektion und Auftreten der Symptome 1 – 3 Tage.
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Akute wässrige Durchfälle, Erbrechen, Bauchschmerzen, Fieber.
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Erkrankungsdauer 2 – 6 Tage.
Komplikationen
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Vor allem im frühen Kindesalter in Einzelfällen Austrocknung mit der Notwendigkeit stationärer Behandlung. (RKI 2010)
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Neben asymptomatischen Verläufen sind vor allem im frühen Kindesalter schwere Erkrankungen mit Dehydratation möglich, die eine stationäre Behandlung erfordern können. (RKI 2010)
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In Entwicklungsländern sind RV-Infektionen wesentlich für die Kindersterblichkeit verantwortlich (RKI 2008), in Deutschland sind Todesfälle äußerst selten: von 2004 bis 2008 sind 8 Kinder erfasst worden, die im Zusammenhang mit einer RV-Infektion verstorben sind (Koch 2011) – wobei berücksichtigt werden muss, dass RV-Infektionen häufig im Krankenhaus erworben werden und daher bei vorerkrankten Patienten auftreten (at 2008).
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Im Erwachsenenalter überwiegen milde Verläufe, z.B. als Reisedurchfall
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EMEA: Europ. Beurteilungsbericht (EPAR) ROTATEQ, Stand August 2008; Abruf 03.01.2009
GlaxoSmithKline: Schreiben vom 19. Okt. 2006
GlaxoSmithKline: Fachinformation ROTARIX, Stand Dez. 2007
GlaxoSmithKline (USA) : US-am. Produktinformation ROTARIX, Stand April 2008
Hahné S. Euro Surveill. 2014;19(43):pii=20945.
HÜLSSE, C. in: Rotaviren-Erkrankung - starke Belastung für Familien; Radio Melodie vom 18. März 2008
KOCH. J., WIESE-POSSELT, M.: Pediatr. Infect. Dis. J. 2011; 30: 112-7
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Vesikari T. et al.: N. Engl. J. Med. 2006; 354: 23-33
VESIKARI, T. et al.: Lancet 2007; 370: 1757-63