Die gemeinnützige Internetseite fragdenstaat.de veröffentlichte ein bisher offenbar unter Verschluss gehaltenes internes Papier des Innenministeriums zum Umgang mit der COVID-19-Pandemie - vor allem aber auch zur Kommunikationsstrategie der Bevölkerung gegenüber. Sollte sich die Authentizität des Papiers erhärten lassen, bestätigten sich schlimmste Befürchtungen... .
Neben sinnvollen, bislang aber weitestgehend ignorierten Strategievorschlägen wie flächendeckenden Massentests („Ein der Lage angemessenes und schrittweises Eingreifen in wirtschaftliche und gesellschaftliche Abläufe wird dadurch erst ermöglicht [..])“ (tagesschau.de vom 27.03.2020)- das Papier ist laut der FAZ immerhin schon vom 22.03.2020 (FAZ vom 02.04.2020)) geht es vor allem auch um die Frage, wie die Bevölkerung zum Befolgen behördlicher Maßnahmen und Anordnungen gebracht werden kann - die Antwort: mit Angst und Schrecken.
"Wir müssen wegkommen von einer Kommunikation, die auf die Fallsterblichkeitsrate zentriert ist. Bei einer prozentual unerheblich klingenden Fallsterblichkeitsrate, die vor allem die Älteren betrifft, denken sich viele dann unbewusst und uneingestanden: «Naja, so werden wir die Alten los, die unsere Wirtschaft nach unten ziehen, wir sind sowieso schon zu viele auf der Erde, und mit ein bisschen Glück erbe ich so schon ein bisschen früher». Diese Mechanismen haben in der Vergangenheit sicher zur Verharmlosung der Epidemie beigetragen." (S. 13)
Wissenschaftliche fundierte Schätzungen oder Berechnungen der Fallsterblichkeit sind also nur so lange probat zu diskutieren, solange diese nicht zu "unerheblich" ausfallen.
An Stelle dieser rationalen Auseinandersetzung mit der Pandemie setzt das Papier: "Schockwirkung" - so heißt es in den unmittelbar folgenden Absätzen auf der selben Seite:
"Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden:
1) Viele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhaus gebracht, aber abgewiesen, und sterben qualvoll um Luft ringend zu Hause. Das Ersticken oder nicht genug Luft kriegen ist für jeden Menschen eine Urangst [Hervorhebung im Original]. Die Situation, in der man nichts tun kann, um in Lebensgefahr schwebenden Angehörigen zu helfen, ebenfalls. […]".
2) "Kinder werden kaum unter der Epidemie leiden": Falsch. Kinder werden sich leicht anstecken, selbst bei Ausgangsbeschränkungen, z.B. bei den Nachbarskindern. Wenn sie dann ihre Eltern anstecken, und einer davon qualvoll zu Hause stirbt und sie das Gefühl haben, Schuld daran zu sein, weil sie z.B. vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen, ist es das Schrecklichste, was ein Kind je erleben kann.
Die Bundesregierung setzt - diesem internen Papier zu Folge - also, man kann es nicht anders formulieren, darauf, die Bevölkerung mit "Schockwirkung" und Appellieren an Urängste gefügig zu machen - ein Bild von und ein Umgang mit der eigenen Bevölkerung, die in einem demokratischen Staat mit unserer freiheitlichen Verfassung und dem Bild eines "mündigen Bürgers" nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun hat.
Es fügt sich dies erschreckend zwanglos in die Kommunikation des Robert Koch-Instituts und des derzeitigen wissenschaftlichen Chef-Coronoikers, Christian Drosten: beide empfehlen zunehmend dringend das Tragen von Masken in der Öffentlichkeit, obwohl - wie Lothar Wieler vom RKI einräumen muss - dies nicht wissenschaftlich begründbar ist (ein seltenes Armutszeugnis für eine Bundesbehörde, die ihre einzige Existenzberechtigung aus dem verantwortlichen Umgang mit wissenschaftlicher Erkenntnis zieht). Aber darum geht es auch nicht: es geht darum - so Drosten - dass die Bevölkerung den behaupteten "Ernst der Lage" immer wieder plastisch vor Augen geführt bekommt - denn auch das ruft natürlich vor allem eines hervor: Angst! (s. hier).
Mit dem offiziellen Eingeständnis, dass es Ziel des Regierungshandelns sein müsse, die Bevölkerung in Angst zu versetzen bekommen die aktuell verfügten Maßnahmen und Gesetzesänderungen (s. hier) noch einmal eine ganz andere Bedrohlichkeit... .
Literatur
BMI. 2020. Wie wir Covid-19 unter Kontrolle bekommen. Internes Strategiepapier vom 22.03.2020